Schlaganfall

Schlaganfall (Hirnschlag, Apoplexie): Plötzliche Durchblutungsstörung eines Gehirnabschnitts, meist als Folge arteriosklerotischer Veränderungen der Hirngefäße und typischerweise mit schweren neurologischen Ausfällen (z. B. Lähmungen) einhergehend. Pro Jahr treten in Deutschland etwa 180 000 Schlaganfälle auf. Meist sind über 70-Jährige betroffen, Schlaganfälle können aber auch bei Jüngeren vorkommen, z. B. infolge eines nicht behandelten Bluthochdrucks.

Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Innerhalb von sechs Monaten ist ein Drittel der Patienten verstorben und von den Überlebenden ist ein Drittel dauerhaft pflegebedürftig. Damit ist der Schlaganfall auch die häufigste Ursache bleibender Behinderungen im Erwachsenenalter.

Leitbeschwerden

Je nachdem, welche Hirnregion betroffen ist, kommt es zu:

  • Lähmungen an einer Körperhälfte (z. B. des rechten Arms, Beins und/oder der rechten Gesichtshälfte)
  • Empfindungsstörungen an einer Körperhälfte, etwa Kribbel- oder Taubheitsgefühl oder Nichtspüren von Berührungen
  • Sehstörungen (z. B. Doppelbilder, Verschwommensehen, einseitiger Sehverlust)
  • Gleichgewichtsstörungen (z. B. Schwindel, „Umfallen“ beim Versuch zu sitzen, schwankendes Gehen „wie betrunken“)
  • Erschwertes oder undeutliches Sprechen (z. B. Silbenverdrehungen, „Wortsalat“) bis hin zur Unfähigkeit zu sprechen
  • Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen
  • Verlust der Blasen- und/oder Darmkontrolle
  • Nichterkennen und Ignorieren von Körperteilen, z. B. des gelähmten Arms
  • Bewusstseinsstörungen, z. B. Verwirrtheit oder Erregtheit, aber auch Benommenheit bis hin zu Bewusstlosigkeit
  • Häufig Beschwerdebeginn am frühen Morgen, z. B. nach dem Aufstehen
  • Meist plötzliches Einsetzen der Ausfälle, seltener über Stunden fortschreitend

Wann zum Arzt

Sofort zum Hausarzt oder Internisten, wenn die aufgeführten Beschwerden auftreten, aber nach wenigen Minuten wieder völlig verschwunden sind.

Sofort den Notarzt rufen, wenn die oben aufgeführten Beschwerden fortbestehen.

Der Schlaganfall ist ein Notfall! Eine Behandlung innerhalb der ersten Stunden ist ganz wesentlich für die Langzeitprognose.

Die Erkrankung

Ist die Gehirndurchblutung, aus welchem Grund auch immer, beeinträchtigt, werden die empfindlichen Nervenzellen schon nach wenigen Minuten in ihrer Funktion gestört. Ist nur ein ganz kleines Gebiet des Gehirns betroffen, kann dies unbemerkt bleiben. In der Regel aber zeigen sich Ausfälle wie z. B. Lähmungen.

Normalisiert sich die Durchblutung schnell wieder, erholen sich die Nervenzellen und die Ausfälle bilden sich völlig zurück. Dauert die Durchblutungsstörung aber länger, so sterben die Nervenzellen ab. Dann bleiben fast immer Spätfolgen zurück.

Zwei häufige Ursachen

„Schlaganfall“ ist zunächst ein Sammelbegriff für alle plötzlichen Durchblutungsstörungen des Gehirns, die zu länger dauernden Ausfällen geführt haben. Dahinter können sich viele Ursachen und Erkrankungen verbergen.

In etwa 85 % der Fälle ist ein Gefäßverschluss die Ursache des Schlaganfalls. Das Gehirngewebe „hinter“ dem verstopften Gefäß bekommt kein Blut und damit keinen Sauerstoff mehr und stirbt ab. Man spricht dann von einem Hirninfarkt (Hirnischämie, ischämischer Schlaganfall).

  • Der Gefäßverschluss ist am häufigsten die Folge einer Arteriosklerose. Die arteriosklerotischen Ablagerungen engen eine Halsschlagader oder ein Gefäß innerhalb des Gehirns immer mehr ein, bis ein winziges Gerinnsel ausreicht, um einen Verschluss hervorzurufen. Doch selbst wenn die Ablagerungen das Gefäß nicht völlig verschließen, besteht die Gefahr eines Schlaganfalls: Abgelöste Teilchen können mit dem Blut in kleinere Gehirngefäße gelangen und schließlich eines verstopfen (Hirnembolie).
  • Zweithäufigste Ursache sind Blutgerinnsel im Herzen, von denen Teile mit dem Blutstrom verschleppt werden und ein Gehirngefäß verlegen.
  • Seltene Ursachen sind z. B. Gefäßentzündungen oder eine gesteigerte Neigung des Bluts zu gerinnen, sodass das Blut ohne besondere Ursache verklumpt. Diese Ursachen spielen vor allem bei jüngeren Menschen eine Rolle.
  • Auch bei Patienten, die noch nicht lange an chronischem Nierenversagen leiden, besteht ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Die Niereninsuffizienz erhöht das Risiko für Vorhofflimmern und dadurch auch die Gefahr für Blutgerinnsel.

Bei den übrigen 15 % der Schlaganfallpatienten ist eine Blutung in das Gehirn hinein Ursache des Schlaganfalls. Dies wird als Hirnblutung (intrazerebrale Blutung, Hirnmassenblutung) bezeichnet. Das Gehirn wird durch das ausfließende Blut zusammengedrückt und geschädigt. Am häufigsten ist dabei ein durch Bluthochdruck vorgeschädigtes Gefäß geplatzt (hypertone Massenblutung), seltener ist eine angeborene Gefäßwandschwäche die Ursache.

Warnung: TIA

Es kommt vor, dass einem Schlaganfall kurzzeitige Durchblutungsstörungen vorangehen, oft nur Stunden oder Tage vorher. Diese können unbemerkt bleiben oder vorübergehende Ausfälle hervorrufen. Am häufigsten sind plötzliche Schwäche, kurz dauernde Lähmungen oder Gefühlsstörungen einer Körperseite (z. B. des Arms oder Gesichts) sowie Sehstörungen. Haben sich die Beschwerden nach höchstens einer Stunde wieder völlig zurückgebildet, spricht der Arzt von einer transitorischen ischämischen Attacke, kurz TIA („Schlägelchen“). Da das Schlaganfallrisiko nun sehr hoch ist, sollte die Ursache noch am gleichen, spätestens am nächsten Tag geklärt werden.

Das macht der Arzt

Je schneller die Gehirndurchblutung normalisiert werden kann, desto größer sind die Überlebenschancen. Gleiches gilt für die Rückbildung der neurologischen Ausfälle, auch bei ausgeprägten Symptomen. Das Zeitfenster für mögliche Behandlungen ist allerdings klein – es schließt sich schon drei bis sechs Stunden nach Beschwerdebeginn.

Diagnosesicherung

Zur Wahl der geeigneten Behandlung muss sich der Arzt im Krankenhaus schnell einen Überblick über den Gesamtzustand und die Erkrankungen des Patienten verschaffen und die Ursache des Schlaganfalls eingrenzen.

Für die engmaschige Kontrolle von Atmung und Herz-Kreislauf-Tätigkeit wird der Patient an einen Überwachungsmonitor angeschlossen. Blutuntersuchungen dienen der Einschätzung der Stoffwechsellage, ein EKG der Feststellung von Herzrhythmusstörungen. Außerdem wird möglichst innerhalb der ersten Stunde nach Aufnahme ein CT oder Kernspin des Gehirns durchgeführt, um zu klären, ob es sich um einen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung handelt, da diese unterschiedlich behandelt werden.

Intensivmedizinische Soforttherapie

Erhalt geschädigter Nervenzellen. Die wichtigste Säule der medizinischen Behandlung ist eine optimale „Einstellung“ der Herz-Kreislauf-Situation, der Atemfunktion und des Stoffwechsels. Ein ausreichender Blutdruck und die zusätzliche Sauerstoffgabe über einen Nasenschlauch können für geschädigte, aber noch nicht abgestorbene Nervenzellen den Unterschied zwischen Überleben oder Untergang und für den Patienten den Unterschied zwischen Selbstständigkeit oder Hilfsbedürftigkeit im Alltag bedeuten. Ein hoher Blutzucker und Fieber sind ebenfalls ungünstig und müssen behandelt werden. Der Flüssigkeitshaushalt wird mittels Infusionen reguliert.

Bei einem Teil der Patienten mit Hirninfarkt kann zusätzlich versucht werden, das Blutgerinnsel im Gefäß durch eine Lysebehandlung (kurz Lyse) wieder aufzulösen. Das Medikament wird entweder in einer Infusion gegeben oder – seltener – mit einem Katheter möglichst nahe an das Blutgerinnsel gebracht (Lysetherapie). Diese Behandlung ist allerdings nur innerhalb der ersten drei (bis sechs) Stunden nach Beschwerdebeginn Erfolg versprechend. Außerdem ist sie mit Risiken behaftet, vor allem steigt die Gefahr von Hirnblutungen. Daher wird sie selbst bei frühzeitiger Krankenhausaufnahme nur bei etwa 20 % der Hirninfarktpatienten durchgeführt. Operationen an den Gefäßen zur Verbesserung der Durchblutung sind in der Akutphase nur ganz selten sinnvoll.

Bei einer Hirnblutung sind in aller Regel keine speziellen Behandlungen möglich. Eine operative Entfernung des Bluts aus dem Gehirn klingt zwar logisch, hat sich aber nur für bestimmte Blutungen als vorteilhaft erwiesen. Ob gerinnungsfördernde Medikamente die Blutung schnell zum Stillstand bringen können, wird derzeit untersucht.

Behandlung von Komplikationen. In den ersten Tagen kann das Gehirngewebe stark anschwellen. Die daraus resultierende Hirndrucksteigerung schädigt das Gehirn zusätzlich und muss deshalb umgehend behandelt werden. Bei Blasenfunktionsstörungen wird zunächst ein Blasendauerkatheter gelegt, Schluck- bzw. Bewusstseinsstörungen machen eine Sondenernährung erforderlich.

Vorbeugende Maßnahmen zur Eindämmung der Risiken durch die Bettlägerigkeit wie eine medikamentöse Thromboseprophylaxe sowie Vorkehrungen gegen Wundliegen und Lungenentzündung sind für eine günstige Prognose ebenfalls entscheidend. Die Thromboseprophylaxe mit Kompressionsstrümpfen ist laut einer aktuellen Studie nicht sinnvoll, da sie das Risiko von Blutgerinnseln nicht senkt.

Das Ziel: Frührehabilitation

Die intensivmedizinische Behandlung ist nur ein Bestandteil der Therapie. Eine umfassende Betreuung des Kranken durch weitere medizinische Berufsgruppen – und durch die aktive Unterstützung der Angehörigen – vom ersten Tag an beugt Komplikationen vor und fördert die Rehabilitation.

Da ein Schlaganfall die Hirnfunktionen auf sehr verschiedene Weise beeinflusst, sind die Auswirkungen ganz unterschiedlich. Schwer Erkrankte sind oft bewusstlos und scheinen auf gar nichts zu reagieren. Hier ist es das erste Ziel, wieder Kommunikation herzustellen. Dem bewusstlosen Partner die Hand zu halten, ihm von zu Hause zu erzählen oder seine Lieblingsmusik vorzuspielen und seine Reaktionen hierauf zu beobachten, können erste Schritte sein.

Andere Betroffene sind verwirrt, erkennen ihre nächsten Angehörigen nicht mehr, zupfen immer wieder an der Bettdecke und reagieren womöglich aggressiv. Verwirrtheit nach einem Schlaganfall kann viele Ursachen haben. Eine Theorie ist, dass das Gehirn gerade versucht, sich wieder zu orientieren, wieder in die Welt zurückzufinden und sich – z. B. durch ständiges Nesteln – durch Reize zu stimulieren. Diesen Prozess kann der Angehörige unterstützen, etwa indem er Fotos auf den Nachtisch stellt oder den gewohnten Schlafanzug von zu Hause mitbringt. „Richtigstellungen“ wie „du bist hier im Krankenhaus, du kannst jetzt nicht aufstehen“, werden dagegen vom Kranken oft einfach nicht verstanden.

Es hat sich gezeigt, dass durch geeignete Lagerung und regelmäßige Bewegung Versteifungen vorgebeugt werden kann. Ist eine Restbeweglichkeit der gelähmten Seite (wieder) vorhanden, wird mit aktiven Bewegungsübungen begonnen. Denn kurz nach dem Schlaganfall organisiert sich das Gehirn „um“. Je häufiger in dieser Phase „normale“ Bewegungen auf der gelähmten Seite ausgeführt werden oder der Betroffene sich diese auch nur ganz konzentriert vorstellt, desto mehr werden diese Bewegungsmuster auch im Gehirn „eingeschliffen“ (Defektheilung). Eine halbe Stunde Bewegungstraining täglich mit dem Krankengymnasten oder Ergotherapeuten reicht nicht. Erfolg versprechender ist es, wenn sowohl bei der Pflege auf normale Bewegungsmuster geachtet wird als auch die Angehörigen zum Bewegungstraining angeleitet werden, damit sie dieses mit dem Patienten durchführen und ihn in seinen Bewegungen optimal unterstützen.

 

Die Bandbreite der Sprachstörungen reicht von leichten Einschränkungen der Sprech- und Verständnisfähigkeit bis zum Unverständnis einfachster Fragen und völligem Sprachverlust (Aphasie). In aller Regel sind die sprachnahen Fähigkeiten des Lesens und Schreibens mitbetroffen, sodass hierüber kein Ausgleich des Sprachdefizits möglich ist. Alle ausgeprägten Sprachstörungen sind für den Patienten sehr belastend, nicht wenige Patienten zeigen psychische Veränderungen wie etwa Aggressivität durch das ständige Nichtverstehen und Nicht-verstanden-Werden. Frühzeitige Sprachtherapie (Logopädie) verbessert die Chancen erheblich und sollte daher beginnen, sobald der Zustand des Patienten es erlaubt.

Das Schlucken kann durch einen Schlaganfall ebenfalls beeinträchtigt sein (Dysphagie). Viele Kranke verschlucken sich in den ersten Tagen nach einem Schlaganfall, sodass Nahrungsteile in die Luftröhre rutschen und dort zu einer Lungenentzündung führen können, die den Patienten im Genesungsprozess zurückwirft. Deshalb wird vor der ersten Mahlzeit das Schlucken getestet. Klappt es nicht richtig, wird das Schlucken mit einem Therapeuten systematisch geübt und der Patient vorübergehend künstlich ernährt. Oft ist die kritische Phase schon nach ein paar Tagen vorbei und weitgehend normales Essen ist wieder möglich.

Diese Liste der möglichen Beeinträchtigungen und ihrer Folgen ließe sich sehr lange fortsetzen. Hinzu kommt, dass auch bei anfänglich gleichem Zustand jeder Kranke anders reagiert und unterschiedlich belastbar ist. Deshalb wird für jeden Schlaganfallpatienten ein individueller Behandlungsplan erstellt.

Rehabilitation in der Reha-Klinik

Mindestens ebenso wichtig wie die Akutversorgung des Schlaganfallpatienten ist die nahtlose Fortsetzung des im Krankenhaus begonnenen Rehabilitationsprogramms. Hierfür ist der Betroffene am besten in einer speziellen Rehabilitationsklinik aufgehoben, bei leichteren Funktionsstörungen kann die weitere Behandlung auch ambulant oder teilstationär erfolgen. Ziel der Rehabilitation ist es, dem Patienten durch die bestmögliche Wiederherstellung seiner Fähigkeiten und individuell angepasste Verhaltensregeln für die Bewältigung des Alltags ein weitgehend selbstständiges Leben zu ermöglichen.

In der Regel bekommen Patienten mit Lähmungen eine Rehabilitation nur in den ersten sechs Monaten nach dem Schlaganfall, doch sie ist auch noch Jahre danach sinnvoll, wie eine Studie der US-amerikanischen Brown Universität aus dem Jahr 2010 zeigt. Sie belegt, dass ein intensives Training die Beweglichkeit und die Lebensqualität von Patienten, deren Schlaganfall bis zu fünf Jahre zurückliegt, verbessert.

Eine Studie, die untersuchte, wie sich Armbrüche auf das Gehirn auswirken, lieferte Erkenntnisse, die auch der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten dienen. Die Studie untersuchte die Hirnaktivität von Rechtshändern, deren rechter Oberarm gebrochen und wegen des Gipses bewegungsunfähig war. Schon nach zwei Wochen zeigten sich Veränderungen im Gehirn der Probanden. Die Gehirnsubstanz der motorischen Areale, die für den gebrochenen Arm zuständig waren, hatten abgenommen, die für den gesunden Arm zugenommen. Die Feinmotorik der linken Hand hatte sich bei allen Teilnehmern deutlich verbessert. So kann bei Schlaganfallpatienten, bei denen ein Arm betroffen ist, der gesunde Arm ruhig gestellt werden, um das Hirnareal der betroffenen Extremität gezielt aufzubauen und so den Arm zu stärken.

Selbsthilfe

Mit einem Schlag ist alles anders – diese schmerzliche Erfahrung müssen in Deutschland pro Jahr etwa 180 000 Menschen machen. Dank moderner medizinischer Möglichkeiten überleben die meisten heute ihren (ersten) Schlaganfall, aber innerhalb weniger Minuten verändert sich das ganze Leben, denn häufig bleiben die Folgen zeitlebens spürbar: Bei ungefähr drei Vierteln der Betroffenen bilden sich die Ausfälle nur teilweise zurück und sie müssen lernen, mit diesen Einschränkungen zu leben.

Auffälligste Dauerfolgen sind Lähmungen und Bewegungseinschränkungen. Resignation ist fehl am Platz, denn Fortschritte sind noch nach Monaten möglich. Auch wenn es schwerfällt: Geduld und tägliches Üben helfen am besten. Dagegen erzeugt ungeduldiges Erzwingenwollen Stress, der die Muskelsteife verstärken und so mehr schaden als nützen kann. Mit Üben sind nicht nur die Fortsetzung der Physiotherapie und die begleitenden täglichen Übungen gemeint. Genauso wichtig ist es, die empfohlenen Verhaltensregeln zur Bewegungsförderung konsequent im Alltag umzusetzen.

Mehrere Studien haben gezeigt, dass ein Kraft- und Ausdauerprogramm Schlaganfallpatienten dabei hilft, schneller zu gesunden. Auch die Reha-Übungen können dann leichter absolviert werden. Das Training macht mobiler und steigert die Fitness von Herz und Lunge. Eine Trainingseinheit besteht z. B. aus 20 Minuten strammem Gehen und diese wird dreimal pro Woche durchgeführt. Auch Laufbänder und Fahrradergometer eignen sich zum Trainieren. Auf Dauer stärkt das Training die Herzgesundheit und beugt einem weiteren Schlaganfall vor.

Häufig sind Änderungen in der Wohnung oder technische Hilfsmittel ratsam, um Sicherheit und Mobilität zu erhöhen. Die Hilfsmittel müssen jedoch regelmäßig von der Physiotherapeutin überprüft werden, ob sie noch angemessen sind oder besser durch geeignetere ersetzt werden sollten.

Bei Sprachstörungen wird die logopädische Behandlung, die meist schon im Krankenhaus eingeleitet wurde, möglichst konsequent fortgesetzt. Auch hier gilt: Je intensiver trainiert wird, desto rascher stellen sich Erfolge ein.

Ein besonders heikler Punkt sind die Aufmerksamkeitsprobleme. Viele Betroffene berichten davon, dass sie leichter ermüden, schnell gereizt reagieren und oft Schwierigkeiten haben, neue Informationen zu behalten. Leiden Sie unter Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, kann eine neuropsychologische Therapie helfen. Sie soll nicht nur die Defizite weitestmöglich mindern und kompensieren helfen, sondern auch den Betroffenen dabei unterstützen, ein neues Gleichgewicht zu finden.

Im Alltag ist auf ausreichende Ruhepausen zu achten. Bei Ermüdung können bereits wiedererworbene Fähigkeiten (zeitweilig) verloren gehen, was den Betroffenen verunsichert und seine Motivation zur Fortsetzung der notwendigen Übungen mindert.

Am schwersten zu überwinden ist allerdings nicht selten eine Depression als Reaktion auf den Schlaganfall. Diese ist meist weniger Folge der Gehirnschädigung als vor allem eine Trauerreaktion um die verlorenen Fähigkeiten. Vielen Patienten helfen hier Kontakte nach außen und die „kleinen Freuden des Alltags“, wohingegen Rückzug (z. B. aus Scham, auf eine Gehhilfe angewiesen zu sein) die Probleme eher verstärkt. Bleiben diese Maßnahmen ohne Erfolg, sollten Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Unterstützung durch Angehörige

Unterstützung und Anteilnahme durch die Angehörigen sind für den Kranken wichtig. Suchen Sie deshalb das Gespräch mit den Ärzten und Therapeuten, um über die Prognose der Krankheit, über die therapeutischen Möglichkeiten – und deren Grenzen – informiert zu sein. Und machen Sie deutlich, dass Sie aktiv in die Behandlung einbezogen werden wollen.

Die psychische Belastung ist für viele Betroffene enorm: Innerhalb kürzester Zeit Fähigkeiten zu verlieren, die im frühen Kindesalter erworben wurden und möglicherweise vollkommen von anderen abhängig zu sein, das bedeutet eine existenzielle Krise. Geben Sie dem Kranken – gemeinsam mit den Ärzten und anderen betreuenden Personen – von Anfang an so viel Autonomie und Entscheidungs- bzw. Handlungsspielraum wie möglich. Die Kunst besteht darin, die Balance zu halten: einerseits für den Betroffenen da zu sein, wann immer er Ihre Hilfe benötigt, und ihn andererseits darin zu bestärken, allmählich wieder in ein selbstbestimmtes Leben zurückzufinden.

Dem Kranken Mut zuzusprechen und seine Fortschritte zu loben, aber auch aufmerksam zuzuhören, wenn er seine Verzweiflung, Trauer, Angst oder Scham zum Ausdruck bringen möchte – für den Betroffenen ist es wichtig zu erleben, dass Ihre Fürsorge ihm den Raum lässt, seine psychische Befindlichkeit auszudrücken.

Stellen Sie sich darauf ein, dass die Rekonvaleszenz Wochen oder sogar Monate dauern kann. In der ersten Zeit ist der Kranke höchstwahrscheinlich auf pflegerische Unterstützung angewiesen. Zu lernen, ihn im Bett richtig zu lagern, ihm beim Waschen, Anziehen oder den ersten Gehversuchen zu helfen und später dann die Rehabilitation oder die Rückkehr nach Hause so zu gestalten, dass immer wieder Fortschritte erreicht werden – all dies ist belastend und führt möglicherweise schon bald dazu, dass Sie das Gefühl haben, nichts gehe mehr ohne Sie. Sie sollten – wie alle pflegenden Angehörigen – von Anfang an darauf achten, Ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Wenn Sie auf Dauer überlastet sind, ist weder Ihnen noch Ihrem Angehörigen gedient. Eventuell ist es notwendig, dass Sie sich frühzeitig um Hilfe (z. B. ambulante Dienste) bemühen für den Fall, dass der Patient nicht mehr allein für sich sorgen kann. Beziehen Sie auch die Vorstellungen und Pläne des Kranken in Ihre Überlegungen mit ein.

Komplementärmedizin

In der Akutphase des Schlaganfalls haben Naturheilverfahren keinen Platz. Der damit verbundene Zeitverlust verschlechtert nur die Aussichten des Patienten.

Im Rahmen der rehabilitativen Behandlung und bei der Bewältigung von Spätfolgen sieht es anders aus.

Biofeedback. Biofeedback reduziert nachweislich Bewegungseinschränkungen infolge der Lähmungen. Der Betroffene lernt, die verbliebene Aktivität gelähmter Muskeln bewusst zu kontrollieren und damit maximal auszuschöpfen sowie generell motorische Defizite besser auszugleichen. Als Begleitmaßnahme hat das Verfahren damit einen hohen Stellenwert.

Homöopathie. Die Homöopathie bietet z. B. Arnika, Oleander oder Opium in niedrigen Potenzen (D6 oder D12) zur Linderung von Begleiterscheinungen wie Schwindel, Schwäche, Muskelschmerzen oder Gedächtnisverlust. Der Erfolg in der Nachbehandlung eines Schlaganfalls ist individuell zu beurteilen – einen Wirksamkeitsnachweis gibt es bislang nicht.

Akupunktur. Akupunktur wird inzwischen relativ häufig im Rahmen der (stationären) Rehabilitation zur Reduzierung von Lähmungserscheinungen eingesetzt. Eine große chinesische Studie, die den Therapieerfolg der Akupunktur bei Schlaganfall untersuchte, konnte eine Wirksamkeit aber nicht bestätigen.

Setzen Sie keine allzu große Hoffnungen in Verfahren wie Eigenbluttherapie, Bach-Blütentherapie, Neuraltherapie oder Fußreflexzonenmassage, zumal sie sich kaum zur Dauertherapie eignen. Als begleitende Maßnahmen während der oft monatelangen Rehabilitation kommen sie nicht infrage.

Vorsorge

Jeder kann dazu beitragen, sein persönliches Schlaganfallrisiko gering zu halten. Als wesentlich hat sich dabei ein normaler Blutdruck erwiesen – ein erhöhter Blutdruck ist der wichtigste Risikofaktor für beide Schlaganfallformen. Weitere beeinflussbare Risikofaktoren sind:

  • Rauchen: Besonders gefährlich ist der regelmäßige Nikotinkonsum, wenn Frauen gleichzeitig die „Pille“ einnehmen.
  • Übergewicht
  • Diabetes
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern
  • Starker Alkoholkonsum

Medikamente werden zur Schlaganfallvorbeugung bei Gesunden nicht empfohlen. Für Frauen über 45 hat eine Studie ergeben, dass bereits regelmäßige Spaziergänge im Ausmaß von insgesamt mindestens zwei Stunden pro Woche das Schlaganfall-Risiko um 30 % reduzieren. Für Männer gibt es keine vergleichbaren Forschungsergebnisse, ein ähnlicher Effekt wird aber angenommen.

Die Ausschaltung bzw. Minimierung von Risikofaktoren ist ein wesentlicher Pfeiler der Vorbeugung sowohl bei (Noch-)Gesunden als auch bei Menschen, die bereits einen Schlaganfall hatten.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Anders ist es bei Menschen mit bereits bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit wird die Einnahme eines Statins empfohlen, das über seine blutfettsenkende Wirkung hinaus einen günstigen Effekt auf die Gefäße zu haben scheint. Auch niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin 100®) ist empfehlenswert – sie verhindert das Verklumpen von Blutplättchen und damit die Gerinnselbildung in Gefäßen. Bei Vorhofflimmern, Ausbuchtungen der Herzwand (Aneurysmen) oder bestimmten Klappenfehlern verhindert eine medikamentöse Gerinnungshemmung (in Deutschland am häufigsten mit Marcumar®) die Gerinnselbildung im Herzen und damit einen Schlaganfall.

Eine Operation oder Aufdehnung von Verengungen der Halsschlagader ist nur sinnvoll, wenn diese stark ausgeprägt sind, rasch fortschreiten oder bereits zu einer TIA geführt haben. Bei leichten oder mäßigen Verengungen und Beschwerdefreiheit ist das Eingriffrisiko höher als das Schlaganfallrisiko.

Rezidivprophylaxe

Menschen, die schon eine TIA oder einen Schlaganfall hatten, tragen ein hohes Risiko für eine erneute Durchblutungsstörung.

Alle Patienten erhalten auf Dauer ein Medikament, das das Verklumpen der Blutplättchen und damit die Gerinnselbildung hemmt, meist Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin 100®), bei hohem Risiko kombiniert mit Dipyridamol (z. B. Aggrenox®).

Eine weitere Hemmung der Gerinnung ist lediglich bei den oben aufgeführten Herzerkrankungen sinnvoll. Operationen an den Hirngefäßen sind nur dann ratsam, wenn eine deutliche Verengung besteht, aber das von ihnen versorgte Hirngewebe noch nicht abgestorben ist.